Veröffentlicht am 05.11.2012
Schwarze Sonne über Kärnten
Das Jahrhundert der Finsternisse
Der Artikel beinhaltet einen Rückblick bzw. einen Ausblick auf ringförmige und totale Sonnenfinsternisse vom 19. bis zum 21. Jahrhundert in Kärnten. Es wird geschildert, wie ein Maltataler Hirtenjunge die letzte totale Finsternis erlebte. Zudem ist diese Finsternis in einem Ölgemälde auch bildlich dargestellt.
+ Nachtrag vom 20.03.2015
Totale, aber auch ringförmige Sonnenfinsternisse sind beeindruckende Naturschauspiele. Über Europa finden im 21. Jahrhundert nur mehr 16 entsprechende Ereignisse statt. In Kärnten konnte die letzte totale 1842 und die letzten ringförmigen 1820 und 1847 beobachtet werden. Jene Leser/innen dieses Artikels, die derzeit im schulpflichtigen Alter sind, haben gute Chancen, gleich drei zentrale Finsternisse zu erleben, denn unser Bundesland befindet sich wieder in einem „Jahrhundert der Sonnenfinsternisse“!
3 Finsternisse innerhalb von 7 Jahren
Den Auftakt bildet eine ringförmige Finsternis am 13. Juli 2075. Sie wird (mit Ausnahme der nordwestlichsten Ecke) in ganz Kärnten kurz nach Sonnenaufgang zu sehen sein (siehe Karte 1). Die Zentrallinie verläuft ungefähr über Triest – Laibach - Marburg. In Klagenfurt und Villach ist mit einer ringförmigen Phase von über drei Minuten zu rechnen.
Karte 1: Ringförmige Sonnenfinsternis am Samstag, 13.07.2075 kurz nach Sonnenaufgang. Kartenbearbeitung: W. Egger, Kartengrundlage: © Ed. Hölzel, Wien, www.hoelzel.at
Nur sechs Jahre später, am Vormittag des 3. September 2081 folgt dann das eindrucksvollste Himmelsschauspiel – eine totale Sonnenfinsternis. Da die Zentrallinie über Lienz – Greifenburg – Villach – Bad Eisenkappel verläuft, wird die gesamte Fläche unseres Bundeslandes in der Totalitätszone liegen (siehe Karte 2). Die Phase der totalen Verfinsterung sollte durchwegs über vier Minuten betragen!
Karte 2: Totale Sonnenfinsternis am Mittwoch, 03.09.2081 Vormittag.
Kartenbearbeitung: W. Egger, Kartengrundlage: © Ed. Hölzel, Wien, www.hoelzel.at
Sozusagen als Draufgabe findet dann kaum ein halbes Jahr später – am 27. Februar 2082 kurz vor Sonnenuntergang – nochmals eine ringförmige Finsternis statt. Auch diese Finsternis wird in ganz Kärnten zu beobachten sein. Auf ihrer Zentrallinie liegen u.a. das Lesachtal, Spittal/Drau, Millstatt, Straßburg und Bad St. Leonhard (siehe Karte 3). In Villach und Klagenfurt wird die ringförmige Phase immerhin noch sechs Minuten dauern.
Karte 3: Ringförmige Sonnenfinsternis am Freitag, 27.02.2082 kurz vor Sonnenuntergang.
Kartenbearbeitung: W. Egger, Kartengrundlage: © Ed. Hölzel, Wien, www.hoelzel.at
Anmerkung: Die Informationen zu den genannten Finsternissen sind verschiedenen (Internet)-Quellen entnommen. Trotz sorgfältiger Datenauswahl sind Fehler nicht völlig ausgeschlossen.
Wie es zu einer Sonnenfinsternis kommt, will ich hier nicht erläutern. Es gibt darüber ausreichend Literatur und auch im Internet finden sich dazu viele Informationen – z.B.:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sonnenfinsternis
http://eclipse.astronomie.info/start.html
Totale Sonnenfinsternis – ein faszinierendes Naturschauspiel
Weil der Mond nicht die gesamte Sonnenscheibe bedeckt, wird eine ringförmige Sonnenfinsternis auch als „Feuerkranz-Finsternis“ bezeichnet. Der äußere Rand der Sonne bleibt sichtbar und der Kernschatten des Mondes erreicht nicht die Erdoberfläche. Noch viel eindrucksvoller ist dagegen eine totale Sonnenfinsternis. Bei ihr erreicht der Kernschatten des Mondes die Erdoberfläche und es lassen sich mehrere faszinierende Phänomene beobachten: Das Licht nimmt eine unnatürliche bleifarbene Tönung an. Es treten sog. „fliegende Schatten“ auf. Der Tag wird fast zur Nacht. Die hellsten Planeten und Sterne erscheinen. Die Sonnen-Korona und Protuberanzen können gesehen werden. Die Temperatur fällt um mehrere Grad. Tiere und Pflanzen reagieren deutlich auf Dunkelheit und Temperaturrückgang. Menschen erleben eine solche totale Sonnenfinsternis meist mit Faszination und Ergriffenheit.
Auch die Kärntner/innen hatten im Jahre 1842 bestimmt entsprechende Erlebnisse. Am Freitag, den 8. Juli dieses Jahres gab es bei uns nämlich die letzte totale Sonnenfinsternis. Der Kernschatten zog damals von Mailand über Villach nach Graz und Wien. Der berühmte Schriftsteller und Maler Adalbert STIFTER hat das Ereignis mit bewegenden Worten geschildert (http://www.strickling.net/stifter_sofi.htm).
Ein Hirtenjunge erlebt die „Schwarze Sonne“
Aber auch aus Kärnten gibt es eine interessante Geschichte darüber. Nacherzählt wird sie von Pfarrer Paul KOHLMAYER, der von 1859 bis 1867 als Pfarrer in Maltein (Malta in Kärnten) wirkte. Er beschreibt unter dem Titel „Der Hochalmhirte“ (Carinthia, 49. Jahrgang, Nr. 25, Dezember 1859) die Erlebnisse eines Maltataler Hirten, der völlig unwissend von der Finsternis überrascht wurde:
„Im Jahre 1842 betreute ein noch ziemlich junger Bursche auf der ‚Hochalm‘ (einer Alm oberhalb der heutigen Gmünder Hütte) die Rinder für einen Maltataler Bauern. Bald hatte er die Bedürfnisse und die Bräuche seiner Herde erkannt, die da oben aus Erfahrung sich selber am besten zurecht fand. Schien die Sonne heiß, so zog er seinen Rindern nach zwischen und wohl auch auf die Keesböden – war der Himmel bewölkt, blieb er mit ihnen unten um die Hütte im Grünen.
Am 8. Juli versprach der schöne Morgen wieder einen heißen Tag und unser Hirte eilte seiner Schar voraus in die Eisgefilde, um dort köstliche Kühlung und süße Ruhe zu finden. Keine Wolke zeigte sich am blauen Himmel und ringsum strahlten im Golde der Sonne die eisigen Bergriesen.
So erfreuten sich oben Hirt und Herde ihres glücklichen Ortes. Aber, während die Sonne immer höher hinauf stieg – wie kam es denn, daß sie immer matter schien in ihrer reinen Höhe? – daß diese immer dunkler ward?
Der Hirt fühlt ein Frösteln nach dem anderen. Die vor Kurzem noch goldig schimmernden Eiskolosse verfärben sich schnell – eine unheimliche Leichenblässe überzieht sie – zusehends verkleinert sich der Ball der Sonne – zusehends verdüstert sich das Firmament und die Herde steht still und horcht, als ob etwas losgehen sollte. Ja, ja! das geht nicht mit natürlichen Dingen zu. Ein Schauder ergreift den armen Burschen. Was soll das bedeuten – denkt es sich – während es immer dunkler wird oben und unten. Eine schreckliche Dämmerung erst wenig Stunden nach der Morgendämmerung! Noch ist lange nicht Mittag nach dem Stande der Sonne – und während sie am reinen Himmel steht, wird es Nacht. Wirklich! Es wird Nacht! Die Sonne vergeht! Sie ist nicht mehr! Die Sterne kommen.
Und der biedere Hirte gedenkt der letzten Dinge, gedenkt in seiner Angst des großen Wortes: „Himmel und Erde werden vergehen“ – er kniet nieder auf dem kalten Boden und erwartet betend und bebend das Ende der Welt.
Aber während er harret der kommenden Dinge – erhellt sich langsam wieder die Umgebung – die Sonne entsteht wieder, die Sterne schwinden, es wird wieder allmählich ganz schön – Alles kommt wieder in das alte Geleise, und als der Hirt das Ereignis erzählte, lachten ihn die Leute aus und sagten: ‚Wußtest Du denn nichts von der Sonnenfinsternis?‘“
Eduard von Moros Ölbild „Sonnenfinsternis“
Natürlich wurde die totale Sonnenfinsternis von 1842 nicht nur mit Worten beschrieben. Es gibt auch bildliche Darstellungen davon. Eine dieser Darstellungen hat Eduard von Moro geschaffen (siehe Abb. 1).
Abb. 1: Eduard von Moro, Sonnenfinsternis, 1842, Öl auf Leinwand, 35 x 29 cm
© Kunstsammlung des Landes Kärnten/Museum Moderner Kunst Kärnten (MMKK)
Foto: Ferdinand Neumüller
Eduard von Moro entstammt der Kärntner Tuchfabrikantenfamilie von Moro und wurde 1790 in Viktring bei Klagenfurt geboren. Geprägt durch den Stil des Wiener Malers und Akademieprofessors Franz Steinfeld versammelte er in Viktring einen Künstlerkreis um sich, der im Kärntner Kunstleben des 19. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle spielte. Nur vier Jahre nach Fertigstellung des Ölbildes „Sonnenfinsternis“ verstarb Eduard von Moro in Viktring. (Kurzbiografie entnommen dem Ausstellungskatalog „fokus sammlung 03. Landschaft“, Museum Moderner Kunst Kärnten, 2012)
An dieser Stelle darf ich mich beim Museum Moderner Kunst Kärnten und bei Herrn Ferdinand NEUMÜLLER recht herzlich für die Erlaubnis zur Veröffentlichung der Abbildung bedanken!
Die Finsternisse von 1961 und 1999
Von den in Kärnten nur partiell (teilweise) sichtbaren Finsternissen sind vielen wahrscheinlich die folgenden zwei in Erinnerung geblieben:
Die Finsternis vom 15. Februar 1961. Dabei war die Sonne in Kärnten bis zu 97 % verdunkelt. Originalaufnahmen dieser Sonnenfinsternis sind übrigens in dem Film "Barabbas" zu sehen. Der Regisseur drehte die Kreuzigungsszene während dieser realen Finsternis, die in Frankreich und Norditalien total war.
Noch nicht so lange zurück liegt die Sonnenfinsternis vom 11. August 1999. Immerhin waren in Kärnten bis zu 98 % der Sonnenscheibe abgedunkelt. Damals nutzten viele Kärntner/innen – so auch ich - die Gelegenheit, um in den benachbarten Bundesländern Salzburg oder Steiermark die totale Phase dieser Finsternis zu erleben. Leider war die Beobachtung durch starke Bewölkung vielerorts beeinträchtigt.
Zum Schluss noch ein kleiner Trost für diejenigen unter uns, für die die Finsternisse zwischen 2075 und 2082 zu spät kommen werden. Am Mittwoch, den 12. August 2026 – also in 14 Jahren – gibt es in Kärnten eine Finsternis, bei der in Klagenfurt immerhin 91 % der Sonne abgedunkelt sein wird. Und noch früher, nämlich schon am 20. März 2015 wird es bei uns zu einer Abdeckung der Sonnenscheibe von 69 % kommen. Wie gesagt, wohl nur ein kleiner Trost.
Nachtrag vom 20.03.2015
Die Sonnenfinsternis vom 20. März 2015
Der Verlauf dieser teilweisen Sonnenfinsternis konnte in ganz Kärnten gut beobachtet werden. Zum Höhepunkt der Verfinsterung um ca. 10:40 gab es ein leicht diesiges Licht und die Umgebung wirkte etwas "blass" (siehe Abb. 1 bis 4).
Abb. 1: Rund eine halbe Stunde lang war die schwächere Sonneneinstrahlung recht gut wahrnehmbar. Foto: W. Egger
Abb. 2: Blick auf das verbliebene "Sonnenkipferl" durch einen Schweißschirm. Foto: W. Egger
Abb. 3: Eine Sonnenfinsternis-Brille aus dem Jahre 1999 leistete auch noch 2015 gute Dienste. Foto: W. Egger
Abb. 4: Das Maximum der Verfinsterung ist bereits überschritten. Foto: W. Egger
Noch ein Hinweis zu den unterschiedlichen Prozentangaben betreffend die maximale "Verfinsterung": Die oben genannten 69 % beziehen sich auf den Durchmesser der Sonne und mit den in vielen Medien erwähnten 62 % ist die Abdeckung der Sonnenfläche gemeint.
So, nun heißt es wieder 11 Jahre warten, bis am 12. August 2026 sogar 91 % des Sonnendurchmessers betroffen sein werden. Die Finsternisse in den Jahren 2021, 2022 und 2025 erreichen bei uns leider nur geringe Abdunkelungsraten.
Verfasser: Walter EGGER, Hühnersberg 12/3, 9811 Lendorf; E-Mail: