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Die „Falsche Schwarze Witwe“
Eine Verwandte der „Schwarzen Witwe“ besiedelt so gut wie unbemerkt schon weite Teile der tieferen Lagen Kärntens.
+ Nachtrag vom 02.06.2014
Die ursprünglich in Südeuropa, im Mittleren Osten und in Afrika beheimate Kugelspinne „Steatoda paykulliana“ (auch Paykulls Kugelspinne oder Falsche Schwarze Witwe genannt) wurde 1991 erstmals in der Steiermark und drei Jahre später in Kärnten nachgewiesen. Inzwischen hat sich diese wärmeliebende Spinnenart – wahrscheinlich durch die derzeitigen klimatischen Rahmenbedingungen begünstigt – weiter ausgebreitet und in so manchen Gegenden Kärntens schon gut etabliert. Ihre Häufigkeit kann von Jahr zu Jahr aber ziemlich stark schwanken.
Aussehen
Die Weibchen erreichen eine Größe von 8 – 13 mm und sind damit nur unwesentlich kleiner als die „echte“ Schwarze Witwe. Der Körper ausgewachsener Tiere hat fast immer eine glänzend schwarze Färbung. Die Stirnseite des kugelförmigen Hinterleibs ist je nach Alter mit einem gelblichen bis rötlichen Balken/Band geschmückt (siehe Abb. 1). Es gibt aber auch völlig schwarze Weibchen. Mit maximal 6 mm bleiben die Männchen deutlich kleiner und weisen auf der Oberseite des Hinterleibs meist eine zusätzliche helle Zeichnung auf.
Abb. 1: Ein typisch gefärbtes Weibchen der „Falschen Schwarzen Witwe“. Foto: W. Egger
Lebensraum
Bevorzugt werden südexponierte Hanglagen mit schütterer Vegetationsbedeckung. Dort besiedeln die gerne in Kolonien lebenden Tiere mit Vorliebe Grillenlöcher, nehmen aber auch andere Verstecke/Hohlräume (Mauslöcher, Gesteinsklüfte, …) an. Über den Verstecken weben die Spinnenweibchen ein unregelmäßiges Gespinst aus erstaunlich zähen Fäden. Am Hühnersberg (Gemeinde Lendorf bei Spittal/Drau, Kärnten) beobachte ich die „Falsche Schwarze Witwe“ an mehreren Stellen schon seit dem Jahre 2002 (siehe Abb. 2). Der höchstgelegene Fundpunkt befand sich dabei auf 1140 m Seehöhe.
Abb. 2: Schon seit vielen Jahren bietet dieser als Schafweide genutzte steile Wiesenrain am Hühnersberg (auf 930 m Seehöhe) einen idealen Lebensraum für die „Falsche Schwarze Witwe“. Am 12. Juli 2013 zählte ich dort 73 Gespinste/Verstecke dieser Spinnenart. Ich konnte erwachsene Weibchen, Jungspinnen und auch Kokons sichten. Ob allerdings alle Verstecke bewohnt waren, habe ich nicht überprüft. Foto: W. Egger
Beutefang
Zur Beute der „Falschen Schwarzen Witwe“ zählen verschiedenste Insekten und Spinnentiere. So stehen z.B. Ameisen, Grillen, Asseln, Käfer und andere Spinnen auf dem Speiseplan (siehe Abb. 3). Es kann durchaus vorkommen, dass selbst ein so großes Tier wie ein Maikäfer sich im Gespinst verfängt und von der Spinne mittels Gift-Biss in die Gelenke überwältigt wird.
Abb. 3: „Falsche Schwarze Witwe“ mit Weichkäfer als Beute. Foto: W. Egger
Giftigkeit
Laut Auskunft eines der kompetentesten Spinnenexperten Österreichs, Herrn Mag. Dr. Christian KOMPOSCH vom ÖKOTEAM Graz, ist die Kugelspinne „Steatoda paykulliana“ derzeit wahrscheinlich die giftigste heimische Spinnenart. Allerdings ist bis dato noch recht wenig über die möglichen Auswirkungen eines Bisses beim Menschen bekannt. Bei einer etwaigen Begegnung sollte man jedenfalls nicht versuchen, das Tier zu ergreifen.
Die „Falsche Schwarze Witwe“ besitzt ein Nervengift (Neurotoxin), das auf Meerschweinchen ähnlich wirkt, wie das der „echten“ Schwarzen Witwe. Glücklicherweise ist es in Kärnten bisher noch zu keinen nachgewiesenen Bissen/Vergiftungen beim Menschen gekommen. Dies hängt wohl mit ihrer Lebensweise zusammen. Nach meinen Erfahrungen ist sie im Allgemeinen nicht „aggressiv“ und lebt sehr versteckt. Bei Störungen durch den Menschen greift sie nicht an, sondern verschwindet blitzschnell in ihrer Höhle (siehe Abb. 4 bis 6). Herr Mag. Dr. KOMPOSCH – bei dem ich mich an dieser Stelle recht herzlich für seine Auskünfte/Hinweise bedanke - hat diesbezüglich aber auch schon gegenteilige Erkenntnisse gewonnen! Ich selbst habe lediglich bei einem frei herumwandernden erwachsenen Weibchen beobachtet, dass es bei Berührung mit einem Grashalm diesen sofort attackierte.
Abb. 4: Ab Juni sind im Höhleneingang (hier in einem Grillenloch) die Kokons der „Falschen Schwarzen Witwe“ zu sehen. Foto: W. Egger
Abb. 5: Ein vor dem Höhleneingang befindlicher Kokon wird bei Störung sofort in Sicherheit gebracht. Foto: W. Egger
Abb. 6: Geschlüpfte Jungspinnen mit ihrer wachsamen Mutter im Hintergrund. Foto: W. Egger
Weiterhin auf gute Nachbarschaft!
Obwohl so manches Wohnhaus in ländlichen Gegenden Kärntens nur wenige Meter von ihren Verstecken entfernt liegt, besteht die berechtigte Hoffnung, dass die „gute Nachbarschaft“ zwischen Mensch und „Falscher Schwarzer Witwe“ auch in Zukunft nicht durch unliebsame Zwischenfälle getrübt wird.
Nachtrag vom 02.06.2014
Höchstgelegener Fundort Österreichs
Wie zu erwarten, breitet sich die „Falsche Schwarze Witwe“ weiter aus (es gibt neue Fundpunkte im Mölltal und den Erstnachweis in Osttirol). Sie steigt offensichtlich aber auch in immer höhere Lagen. Bis zum Jahre 1999 befanden sich die höchsten bekannten Fundorte in Kärnten auf 840 m Seehöhe. Schon einige Jahre später gelang mir im Gemeindegebiet Lendorf eine Beobachtung auf 1.140 Meter. Am 01.06.2014 glückte mir auf einer Bergwiese/-weide hoch über dem Hühnersberg (Gemeinde Lendorf bei Spittal/Drau, Kärnten) sogar in 1.230 m Seehöhe der Nachweis einer kleinen Kolonie (siehe Abb. 7). Laut Auskunft von Herrn Mag. Dr. KOMPOSCH handelt es sich dabei um den derzeit höchst gelegenen Fundort in Österreich. Da ich diesen Standort in den vergangenen Jahren (zuletzt 2012) gezielt und gründlich überprüft habe, gehe ich davon aus, dass die Spinne erst 2013 die Örtlichkeit erreicht haben dürfte. Ob sie sich in dieser Höhe halten kann, werden die nächsten Jahre zeigen. Ich werde sie jedenfalls im Auge behalten und zu gegebener Zeit wieder darüber berichten.
Abb. 7: Eine Bergwiese/-weide hoch über dem Hühnersberg ist derzeit Österreichs höchstgelegener Fundort der "Falschen Schwarzen Witwe". Foto: W. Egger
Verfasser: Walter EGGER, Hühnersberg 12/2, 9811 Lendorf; E-Mail: