Gottesanbeterin           


(Mantis religiosa)

 

Nachweise im Bezirk

 

Spittal an der Drau, Kärnten

 

Nachtrag vom 29.08.2022 (mit

    Angaben zur Höhenverbreitung)

+ Nachtrag vom 30.08.2022

 

+ Nachtrag vom 12.12.2022

 

+ Nachtrag vom 27.11.2023
 
 (Neues aus Osttirol und Oberkärnten

 

+ Nachtrag vom 02.12.2023

   (Osttiroler Fund birgt Überraschung)

 

+ Nachtrag vom 20.08.2024

   (Wahrscheinlich Erstfund im Mölltal)

 

Die Europäische Gottesanbeterin zählt wohl zu den faszinierendsten Insekten unserer Heimat (siehe Abb. 1 bis 4). Sie ist die einzige Vertreterin der Fangschrecken in Mitteleuropa. Ihre nächsten Verwandten sind übrigens nicht die Heuschrecken, sondern Schaben und Termiten. Sie erreichen eine Körperlänge von bis zu 75 mm (Weibchen) und bis zu 60 mm (Männchen).

 

 

 

Abb. 1 und 2: Gottesanbeterinnen haben ein unverwechselbares Erscheinungsbild. Die Färbung kann variieren. Bei uns kommen vorwiegend grünliche, aber (zunehmend?) auch bräunliche Exemplare vor. Diese Tiere können sich angeblich nach jeder Häutung der Umgebung farblich neu anpassen.

Linkes Foto :© Michael Egger.   Rechtes Foto: © Thomas Walder

 

 


 Abb. 3 und 4: Besonders auffällig sind die zu sehr effektiven Fangapparaten umgebildeten Vorderbeine.
 Linkes Foto: © Bernhard Huber.  Rechtes Foto: W. Egger

 

In Kärnten wurde 1909 in Feistritz im Rosental erstmals ein Exemplar gesichtet. Danach blieb es sehr lange Zeit bei nur gelegentlichen Einzelmeldungen. 1984 erschien in der Carinthia II (174./94. Jahrgang, Seite 397 – 412) ein Artikel von Prof. Dr. Wilfried Robert FRANZ über die Verbreitung der Gottesanbeterin in Kärnten. Darin wurden die wenigen bis zu diesem Zeitpunkt erbrachten Nachweise nochmals aufgelistet und das erstaunliche Ergebnis einer Befragung von über 3000 Schülern präsentiert. Demnach sollte die Gottesanbeterin in Kärnten deutlich weiter verbreitet sein, als bis dahin angenommen. Allein im Bezirk Spittal/Drau wurden über 10 Fundorte aufgelistet. Ich suchte in der Folge an einigen dieser genannten Örtlichkeiten (insbesondere im Raum Spittal – Lurnfeld – Millstätter See) intensiv, aber leider vergeblich nach diesen Tieren.

Selbst auf einer im Jahre 2012 von Mag. Dr. Andreas KLEEWEIN, Helga HAPP und Dr. Christian WIESER veröffentlichten Verbreitungskarte (Carintia II, 202./122. Jahrgang, Seiten 81 – 90, „Verbreitung der Gottesanbeterin Mantis religiosa in Kärnten – Aktueller Stand zur Etablierung einer wärmeliebenden Spezies“) ist im Bezirk Spittal/Drau noch kein Fundpunkt eingezeichnet. Ein im Sommer 2012 ausgestrahlter ORF-Beitrag in „Kärnten Heute“ über die Gottesanbeterin – verbunden mit einem Aufruf zur Meldung von Sichtungen – erbrachte weit über 100 aktuelle Nachweise, jedoch noch immer keinen einzigen aus dem Bezirk Spittal an der Drau.

In Osttirol (Leisach) glückte kurz vor 2010 die erste Sichtung. Je ein weiterer Nachweis folgte 2011 in Bannberg bei Assling und 2015 am Eingang zum Debanttal. Ob diese Tiere von Osten (Kärnten) oder von Süden (Südtirol) kommend in Osttirol eingewandert sind, bleibt vorerst ungeklärt.

2002 gelang der Erstnachweis in Oberösterreich. Bei dem 2007 in Vorarlberg gesichteten Exemplar dürfte es sich vermutlich um ein eingeschlepptes oder ausgesetztes Tier gehandelt haben. In Nordtirol und Salzburg wurden bisher noch keine Funde getätigt.

Zurück nach Oberkärnten. Im August 2018 erhielt ich (nach Vermittlung durch Herrn Stefan Petutschnig) von Herrn Martin Lexer, Neu-Feffernitz, Aufnahmen einer in Gummern (Gemeinde Weißenstein, Bezirk Villach Land) von ihm fotografierten grünen Gottesanbeterin. Auch im Sommer 2019 konnte er diese Insektenart an der ziemlich gleichen Stelle wieder antreffen und ablichten (siehe Abb. 5 und 6). Im November 2018 erfuhr ich in der Volksschule Spittal Ost von der dort unterrichtenden Lehrerin, Frau Claudia Walder, dass bei ihr zu Hause in Olsach (Gemeinde Spittal/Drau) 2017 1 Ex. und Mitte/Ende Oktober 2018 sogar 2 Ex. auf der Hausmauer zu sehen waren (siehe Abb. 7 und 8). Eine Lehrerkollegin berichtete gleichzeitig von einer weiteren Sichtung auf einem Rosenstrauch im Sommer 2018 am „Fratres“ (Gemeinde Spittal/Drau).

 

 

 

Abb. 5 und 6: Diese beiden Aufnahmen (links 2018 und rechts 2019) zeigen Mantis religiosa auf einem Werksgelände in Gummern.

Beide Fotos: © Martin Lexer

 

 

 

Abb. 7 und 8: Die am 13.10.2017 auf einer Hausmauer in Olsach entdeckte braune Fangschrecke.

Beide Fotos: © Thomas Walder

 

Über Vermittlung von Frau Elisabeth Kabusch erfuhr ich am 01.10.2019 von der Beobachtung einer Gottesanbeterin in Seeboden. Ich nahm mit der Finderin, Frau Susi Tiller, Kontakt auf und konnte so bei einem Besuch am 13.10.2019 erstmals in Kärnten eine Gottesanbeterin persönlich in Augenschein nehmen. Es war ein grün gefärbtes Weibchen mit rund 7 cm Körperlänge, das auf einer Hauswand saß und eine angebotene Spinne blitzschnell fing und sogleich verspeiste (siehe Abb. 9 bis 14). Das Tier hielt sich übrigens vom 01.10. bis zumindest 18.10.2019 mit nur kurzen Unterbrechungen auf dieser Hauswand auf.

 

 

 

Abb. 9 und 10: Trotz ihrer beachtlichen Körperlänge sind Gottesanbeterinnen für Menschen nicht gefährlich.
Linkes Foto: © Michael Egger.  Rechtes Foto: W. Egger

 

 


Abb. 11 und 12: Als Beute kommen vor allem verschiedenste Insektenarten und gelegentlich auch Spinnentiere in Frage. Hier ist sie beim Verzehr einer Gartenkreuzspinne zu sehen.
Beide Fotos: © Bernhard Huber

 

Insgesamt gesehen gibt es eindeutige Belege für eine zunehmende Ausbreitung dieser wärme- und trockenheitsliebenden Fangschrecke in Österreich. Die schon längere Zeit zu beobachtenden klimatischen Veränderungen tragen dazu sicher wesentlich bei. Da Gottesanbeterinnen angeblich bis zu 100 km weit fliegen können, ist das plötzliche Auftauchen einzelner Tierchen auch weit abseits stabiler Vorkommen jederzeit möglich.

 

 

 

Abb. 13: Die Größe ist wirklich eindrucksvoll!

Foto: © Michael Egger

 

 

 

Abb. 14: Ein Porträt der Seebodner Gottesanbeterin.

Foto: © Bernhard Huber

 

Besonnte Waldränder, Brachflächen, wenig bewirtschaftete Halbtrocken- und Trockenrasen auf südseitigen Hängen mit eingestreuten Büschen und Sträuchern sowie naturnahe Kleingärten in Seehöhen bis ca. 1000 m können ihr einen günstigen Lebensraum bieten.

Gottesanbeterinnen laden zu höchst interessanten und spannenden Beobachtungen ein (siehe Abb. 15 und 16). Sie sind für den Menschen völlig ungefährlich und sollten unbedingt geschont werden!

 

 

 

Abb. 15 und 16: Auf der Innenseite der Vorderhüften befinden sich schwarz-weiße Flecken. In Bedrängnis nimmt die Gottesanbeterin eine Drohhaltung ein und zeigt dabei zur Abschreckung diese „Augenflecken“.
Linkes Foto: W. Egger.  Rechtes Foto: © Martin Lexer

Es wird spannend zu beobachten sein, ob diese faszinierende Tierart auch im Bezirk Spittal/Drau stabile Populationen bilden kann. Sollte es übrigens noch weitere Funde im Raum Oberkärnten geben oder in den letzten Jahren gegeben haben, dann bitte ich um eine kurze Mitteilung.

 

Dank

Für diverse Informationen, Fundmeldungen und überlassene Fotos darf ich folgenden Personen ganz herzlich danken:

Herrn Martin LEXER, Neu-Feffernitz. Er lieferte mir Fotos und Angaben zu zwei Funden in Gummern.
Herrn Stefan PETUTSCHNIG, Lendorf. Er erfuhr vom Fund in Gummern und vermittelte ihn an mich weiter.
Frau Claudia WALDER, Olsach. Sie informierte mich über die zumindest zweimalige Sichtung von Gottesanbeterinnen in ihrem Wohnort Olsach bei Spittal.
Herrn Thomas WALDER, Olsach. Von ihm stammen die Aufnahmen des Tieres aus Olsach.
Frau Elisabeth KABUSCH, Mühldorf. Sie leitete die von ihrer Bekannten aus Seeboden erhaltenen Informationen und Fotos betreffend den dortigen Fund einer Fangschrecke an mich weiter.
Frau Susi TILLER, Seeboden. Sie gestattete das Betreten ihres Grundstücks und gab die Erlaubnis zum Fotografieren der Gottesanbeterin. Sie sorgte auch für das „leibliche Wohl“ des Tieres.
Herrn Bernhard HUBER, Obermillstatt und Herrn Michael EGGER, Kolbnitz. Beide Herren begleiteten mich zum Fundort in Seeboden und stellten mir bereitwillig ihre Fotoausbeute zur Verfügung.

Allen nochmals meinen allerbesten Dank!

 

 

Nachtrag vom 29.08.2022
   
                                                        


Nachweis von Gottesanbeterinnen

 

auf 1025 Meter Seehöhe

 

am Hühnersberg, Gemeinde Lendorf bei Spittal/Drau, Kärnten

 


Am 22.08.2022 übermittelte mir Herr Thomas GRUTSCHNIG (Hühnersberg) Fotos einer Gottesanbeterin (siehe Abb. 17 und 18). In einem anschließenden Telefonat erfuhr ich von ihm, dass er beim Mähen seiner Wiese (2. Schnitt = „Grummet“) drei Gottesanbeterinnen entdeckte. Alle drei Tiere waren grün gefärbt. Ein Ex. war etwas kleiner als die anderen. Auf demselben Wiesenstück hatte Herr GRUTSCHNIG schon im Sommer 2021 eine Gottesanbeterin gesehen.

 

 

 

Abb. 17 u. 18: Eine der Gottesanbeterinnen vom Hühnersberg. Das linke Fangbein ist nur mehr teilweise vorhanden. Beide Fotos: © Marie WEGSCHEIDER

 

Ich besuchte am 24.08.2022 die Fundstelle und schon nach kurzer Zeit zeigte sich eine Gottesanbeterin (siehe Abb. 19 bis 21). Meine Freude darüber war natürlich sehr groß.

 

 

  

Abb. 19 und 20: Bedächtig kletterte die Fangschrecke durch den Altgrasbestand. Ohne Bewegung wäre sie im Pflanzengewirr wohl nur schwer zu erkennen gewesen. Beide Fotos: W. EGGER

 

 

 

Abb. 21: Die mit Dornen besetzten Fangbeine dienen vor allem zum Fangen bzw. zum Festhalten der Beute. Foto: W. EGGER

 

Der Fundort befindet sich auf 1025 m Seehöhe. Es handelt sich dabei um einen sonnenexponiert gelegenen ungemähten Wiesenstreifen, der von einem kleinen Bächlein durchflossen wird (siehe Abb. 22 und 23). Bis zum Fundort der Seebodener Gottesanbeterin aus dem Jahre 2019 sind es übrigens nur 6 km Luftlinie.

 

 

 

Abb. 22 und 23: Der Lebensraum der Hühnersberger Gottesanbeterinnen.
Gras- und Buschlandschaften, Halbtrockenrasen sowie Ungenutzte Flächen mit lockerer Vegetation in sonnenexponierten Lagen sind beliebte Aufenthaltsorte der Fangschrecke. Beide Fotos: W. EGGER

 

 

Zur Höhenverbreitung der Gottesanbeterin:

 

Die meisten Kärntner Nachweise von Gottesanbeterinnen gelangen bisher zwischen 400 und 500 Meter Seehöhe. Mit Stand 2012 befanden sich die höchstgelegenen Fundunkte am Magdalensberg (920 m), in Pisweg (950 m) und in Gnesau (970 m). Es ist durchaus wahrscheinlich, dass diese eindrucksvolle Insektenart inzwischen auch andernorts die 1000-Meter-Marke schon überschritten hat. Andernfalls befindet sich – zumindest vorläufig – das höchstgelegene Kärntner Vorkommen am Hühnersberg (siehe Abb. 24 und 25).

 

 

 

Abb. 24 und 25: Diese faszinierend „schaurig-schönen“ Geschöpfe sind für den Menschen völlig harmlos und ungefährlich, da sie uns weder beißen noch stechen können! Beide Fotos: W. EGGER

 

Aus der Steiermark ist ein Nachweis auf 1150 m bekannt. In Osttirol liegen die höchsten Funde in Nußdorf-Debant (1020 m) und in Bannberg bei Assling sogar auf 1260 m.

 

Noch ein Nachtrag: Von Herrn Klaus OTT erhielt ich das Belegfoto einer Gottesanbeterin, die er am 15.08.2021 in seinem Wohnort Neu-Feffernitz beobachten konnte (siehe Abb. 26).

 

 

 

Abb. 26: Die Neu-Feffernitzer Gottesanbeterin vom Sommer 2021. Foto: © Klaus OTT

 

Dank:

Für die Fundmeldung sowie für die Erlaubnis zur Verwendung zweier Fotos möchte ich mich bei Herrn Thomas GRUTSCHNIG und bei Frau Marie WEGSCHEIDER, Hühnersberg, 9811 Lendorf, auf das Herzlichste bedanken!
Besten Dank auch an Herrn Klaus OTT, Neu Feffernitz, 9710 Paternion, für seine Fundmeldung samt Foto!

 


Nachtrag vom 30.08.2022

 

Herr Mag. Günther WÖSS (er arbeitet gerade an der Aktualisierung der "Roten Liste") teilte mir mit, dass der bislang höchstgelegene Kärntner Nachweis im Bärengraben südlich Rosenbach auf 1400 m erbracht wurde. Für diesen wertvollen Hinweis darf ich mich bei Herrn Mag. Günther WÖSS bestens bedanken!

 

 

 Nachtrag vom 12.12.2022

 

 

 

Fund einer Gottesanbeterin (Mantis religiosa)

 

in Sachsenburg, Bezirk Spittal/Drau, Kärnten

 

 

 Am 13.10.2022 ist dem Sachsenburger Volksschüler Luis BACHER ein besonderer Fund geglückt. Er entdeckte auf der Südseite der Friedhofsmauer, die die Pfarrkirche Sachsenburg umgibt, ein stattliches, grün gefärbtes Weibchen der Europäischen Gottesanbeterin (Mantis religiosa). Herr Erwin HASLACHER, der von der Entdeckung erfuhr, hat sogleich einige Fotos und ein Video von der auffälligen Fangschrecke angefertigt (siehe Abb. 27 bis 29).

 
 


Abb. 27 bis 29: Die Gottesanbeterin von Sachsenburg. Alle drei Fotos: © Erwin HASLACHER

 

Am 07.12.2022 informierte mich Herr HASLACHER von der Beobachtung und übermittelte mir die Bilder und das Video. Der Fundort befindet sich am südlichen Ortsrand von Sachsenburg auf 558 Meter Seehöhe (siehe Abb. 30).

 


Abb. 30: Auf dieser Friedhofsmauer in Sachsenburg entdeckte Luis BACHER die Gottesanbeterin. Foto: © Erwin HASLACHER

 

Falls es mit der derzeitigen Ausbreitungsintensität dieser Tierart so weiter gehen sollte, wird in vielleicht schon 10 Jahren der Anblick von Gottesanbeterinnen wohl auch im Bezirk Spittal an der Drau keine Besonderheit mehr darstellen?!

 

Dank:
Für die Mitteilung des Fundes sowie für die Erlaubnis zur Verwendung der Fotos darf ich mich bei Herrn Erwin HASLACHER, Sachsenburg, ganz herzlich bedanken! Dem jungen Entdecker Luis BACHER sage ich ein ganz besonderes Dankeschön und wünsche ihm noch viele weitere interessante Naturbeobachtungen!

 

 

 

 + Nachtrag vom 27.11.2023

 

 

Weitere Nachweise der Europäischen Gottesanbeterin

 

in Osttirol und im Bezirk Spittal/Drau, Kärnten

 

 

Wie zu erwarten war, gibt es weitere Beobachtungen der Gottesanbeterin in Oberkärnten und Osttirol.

 

Zunächst nach Osttirol: Am 11.10.2023 erschien in der „Kleinen Zeitung“ das Foto einer Gottesanbeterin. Die Aufnahme stammte von Herrn Arnold Winkler aus dem nur wenige Kilometer von der Kärntner Grenze entfernte Nikolsdorf. Noch am selben Tag setzte ich mich mit ihm in Verbindung. Er berichtete mir, dass er das Tier bei ihm zu Hause in Nikolsdorf in 640 m Seehöhe erstmals am 05.10.2023 auf der Außenseite eines Fensters bemerkte. Durch das Öffnen des Fensters gelangte die Gottesanbeterin in das Stiegenhaus und wurde dort in der Folge weiter beobachtet und mit Insekten versorgt (siehe Abb. 31 bis 33).


Abb. 31 und 32: Vom Fenster aus gelangte die Fangschrecke in das Stiegenhaus. Die Flügelansätze sind gut zu erkennen. Beide Fotos: © Arnold WINKLER

 

 

Abb. 33: Beim Verzehr einer erbeuteten Fliege. Foto: © Arnold WINKLER

 

Die Fangschrecke war zu diesem Zeitpunkt überraschenderweise noch nicht vollentwickelt. Der Grund für diese „Verspätung“ wird wohl im Verborgenen bleiben. In der Nacht auf den 17. Oktober erfolgte schließlich die letzte Häutung – die sogenannte „Imaginalhäutung“ (siehe Abb. 34 bis 36).

 

 

Abb. 34 und 35: Die Gottesanbeterin kurz nach ihrer letzten Häutung. Am Bild rechts ist die abgestreifte Haut zu sehen. Beide Fotos: © Arnold WINKLER

 

 

Abb. 36: So sieht die fertig entwickelte, rund 7 cm große, hellbraun gefärbte Gottesanbeterin aus. Ihre prächtigen Flügel sind nun voll entfaltet und ausgefärbt. Foto: © Arnold WINKLER

 

Aus Osttirol sind mir somit bisher 5 Funde bekannt geworden. In den „Osttiroler Heimatblättern Nr. 5-6/2023, 91. Jahrgang“ berichten Oliver Stöhr & Simon Legniti vom 4. Nachweis einer Fangschrecke in Osttirol. Bei der Kirche von Tristach gelang Im Juli 2022 der Fotonachweis eines gelb gefärbten Tieres.

 

Am Beispiel der Gottesanbeterin zeigt sich, wie unerwartet schnell sich die Zusammensetzung der Tierwelt einer Region verändern kann. Noch im Jahr 2010 schreibt der wohl beste Kenner der Tierwelt Osttirols, Mag. Dr. Alois Kofler (1932 – 2020) in den „Osttiroler Heimatblättern Nr. 8-9/2010“ in seinem Artikel „Teufelsfratze und Gottesanbeterin: ungleiche Kleintiere“ in Bezug auf Mantis religiosa: „… Die einzige Art der Fangschrecken in Österreich (in Osttirol nicht zu erwarten) hat den sinnigen Namen …“. Der schon vor 2010 erfolgte Leisacher Fund war ihm zu diesem Zeitpunkt leider noch nicht bekannt gewesen.

 

 

 Nun zu den Nachweisen im Bezirk Spittal/Drau: Nach dem Nikolsdorfer Nachweis hörte ich mich auch in meiner Umgebung etwas um und bekam schon bald positive Rückmeldungen. Von Frau Gabi Huber aus Obermillstatt erhielt ich den Hinweis, dass Frau Karin Pfeifhofer vom Nachbarort Grantsch bereits zwei Mal Gottesanbeterinnen beobachten und fotografieren konnte. Am 16.10.2021 gelang Frau Pfeifhofer der Fund eines bräunlich gefärbten Exemplars bei ihr zu Hause in Grantsch (Gemeinde Millstatt) auf einer Sonnenblume in 920 m Seehöhe. (siehe Abb. 37 und 38)

 

 

Abb. 37 und 38: Die Gottesanbeterin von Grantsch. Beide Fotos: © Karin PFEIFHOFER

 

Um den 23.10.2021 folgte die Beobachtung eines hellgrünen Tieres auf der Außenmauer des Heimatmuseums Obermillstatt (Gemeinde Millstatt) auf 842 m SH. (siehe Abb. 39 und 40)

 

 

Abb. 39 und 40: Auf der weißen Mauer des Heimatmuseums fiel das Tier natürlich sofort auf. Beim Fotografieren befand es sich schon auf der angrenzenden Eibenhecke. Beide Fotos: © Karin PFEIFHOFER

 

Frau Pfeifhofer informierte mich noch über einen weiteren Fund in Obermillstatt aus dem Jahr 2022. Am 02.11.2022 glückte Herrn Benjamin Obweger (Obermillstatt, Gemeinde Millstatt) beim Gasthof Kirchenwirt in Obermillstatt auf 852 m SH der Nachweis einer grünen Gottesanbeterin (siehe Abb. 41).

 

 

Abb. 41: Überraschender Besuch beim Gasthof Kirchenwirt in Obermillstatt. Foto: © Benjamin OBWEGER

 

Von Frau Susi Tiller aus Seeboden bekam ich den Hinweis auf eine Sichtung in Lieserbrücke. Dort - genauer gesagt auf einer Hausmauer „Am Kirchforst“ in 610 m Seehöhe – hat am 21.10.2023 Frau Mag. Anja Krois aus Lieserbrücke eine hellgrüne Fangschrecke fotografiert (siehe Abb. 42).

 

 

Abb. 42: Die stattliche Fangschrecke vom Kirchforst in Lieserbrücke. Foto: © Mag. Anja KROIS

 

Schließlich liegt mir noch der Fund von zwei Exemplaren aus Spittal vor. Frau Sabine Egger aus Lendorf leitete mir die diesbezüglichen Fundangaben und Fotos von Frau Margit Schusteritsch aus Spittal weiter. Frau Schusteritsch entdeckte am 21.09.2023 auf einem sonnseitig gelegenen Forstweg im Ortsteil Zgurn (Gemeinde Spittal/Drau) auf ca. 580 m Seehöhe zwei unterschiedlich große (vermutlich Männchen und Weibchen?), hellbraun gefärbte Tiere (siehe Abb. 43 und 44).

 

 

Abb. 43 und 44: Die beiden Gottesanbeterinnen von Zgurn bei Spittal/Drau. Beide Fotos: © Margit SCHUSTERITSCH

 

Es sieht sehr danach aus, dass es im Raum Drautal – Lurnfeld - Millstätter See und den daran angrenzenden sonnseitigen Hängen schon einigermaßen stabile Bestände der Europäischen Gottesanbeterin gibt. Aus dem Oberen Drautal, dem Mölltal und dem Liesertal dürften wohl auch bald die ersten Meldungen folgen? In Osttirol ist jedenfalls auch mit weiteren Beobachtungen zu rechnen.

 

Dank:

Für die wertvollen Hinweise, Informationen zu den Funden, Datenübermittlungen sowie für die Erlaubnis zur Veröffentlichung der Fotos darf ich mich bei den folgenden Personen ganz ganz herzlich bedanken:
Arnold WINKLER, Nikolsdorf, 9782 Nikolsdorf
Gabi HUBER, Obermillstatt, 9872 Millstatt
Karin PFEIFHOFER, Grantsch, 9872 Millstatt
Benjamin OBWEGER, Obermillstatt, 9872 Millstatt
Susi TILLER, Seeboden, 9871 Seeboden
Mag. Anja KROIS, Lieserbrücke, 9851 Lieserbrücke
Sabine EGGER, Hühnersberg, 9811 Lendorf
Margit SCHUSTERITSCH, Spittal, 9800 Spittal/Drau

 

 

 

+ Nachtrag vom 02.12.2023

 

 

 Osttiroler Fund einer Fangschrecke birgt Überraschung

 

 Bei der am 05.10.2023 in Nikolsdorf gefundenen Fangschrecke handelt es sich nicht um die „Europäische Gottesanbeterin“ (Mantis religiosa), sondern um die „Transkaukasische Gottesanbeterin“ (Hierodula transcaucasica).

 

Nachdem ich meinen Nachtrag vom 27.11.2023 fertig hatte, übermittelte ich ihn u.a. auch an Herrn Mag. Günther Wöss. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Naturhistorischen Museum in Wien und sammelt alljährlich die Meldungen und Literaturangaben über Heu- und Fangschrecken-Funde in Österreich. Außerdem bereitet er gerade die Veröffentlichung eines Buches über „Die Heuschrecken Kärntens“ vor.

 

Die Fangschrecke von Nikolsdorf kam ihm gleich irgendwie „verdächtig“ vor und so hat er die Fotos (Abb. 31 bis 36)   umgehend an den Fangschrecken-Spezialisten Mario Oswald, MSc, weitergeleitet. Dieser bestimmte das Tier eindeutig als ein Männchen von „Hierodula transcaucasica“. Im Internet habe ich für diese Art die deutsche Bezeichnung „Transkaukasische Gottesanbeterin“ oder „Transkaukasische Baumanbeterin“ gefunden.

 

Die Art stammt eigentlich aus Asien (Kaukasus bis Zentralasien). Sie hat sich in jüngerer Zeit aber stark nach Norden und Westen ausgebreitet. In vielen Teilen Süd- und Osteuropas ist sie ebenfalls schon vertreten. Diese gebietsfremde Art (Neozoon) wird als „invasiv“ (schnelle Ausbreitung und rasante Vermehrung mit negativen Auswirkungen auf andere Arten, Biotope und Lebensgemeinschaften) eingestuft. Seit 2020 gibt es Nachweise auch in Österreich: 3 x Wien, 1 x Tirol (Innsbruck), 1 x Vorarlberg (Klaus).

 

Die Ausbreitung hängt neben der Verschleppung durch den Menschen sehr wahrscheinlich auch mit der zunehmenden Erwärmung und der damit verbundenen Möglichkeit zur Ausdehnung des Lebensraumes zusammen. Hierodula transcaucasica soll bevorzugt trockenwarmes, kraut- und buschreiches Gelände besiedeln und sich gerne in Baumkronen aufhalten.

 

Unterscheidungsmerkmale:
Im Gegensatz zur „Europäischen Gottesanbeterin“ fehlt bei der „Transkaukasischen Gottesanbeterin“ der schwarz-weiße Fleck auf den Innenseiten der Vorderhüften (siehe Abb. 45 und 46). Bei den Flügeln ist ebenfalls ein Unterschied erkennbar. Die „Transkaukasische Gottesanbeterin“ hat in der oberen Hälfte der Vorderflügel jeweils einen kleinen weißlichen Fleck (siehe Abb. 47 und 48).

 

Abb. 45 und 46: Es ist einwandfrei zu erkennen, dass bei der Nikolsdorfer Fangschrecke (Bild links) an der mit einem roten Pfeil markierten Stelle der schwarz-weiße Fleck fehlt. Linkes Foto: © Arnold WINKLER. Rechtes Foto: © Karin PFEIFHOFER

 

 

Abb. 47 und 48: Der kleine weißliche Fleck an den beiden Vorderflügeln (Bild links) ist ein weiteres Unterscheidungsmerkmal. Linkes Foto: © Arnold WINKLER. Rechtes Foto: © Karin PFEIFHOFER

 

Da bei uns in Zukunft vermutlich öfters mit dieser Art zu rechnen ist, sollte bei Funden von Fangschrecken genauer hingesehen und auf die oben beschriebenen Merkmale geachtet werden.

 

Zur Herkunft der Nikolsdorfer Fangschrecke können nur Vermutungen angestellt werden. Sie könnte aus einem in der Nachbarschaft befindlichen Terrarium stammen oder im Zuge von Warenimporten usw. versehentlich eingeschleppt worden sein. Möglich ist auch eine Einwanderung aus dem oberitalienischen Raum auf natürliche Weise (durch Einflug der Elterntiere?). Immerhin kommt die Art in Norditalien (Po-Ebene) bereits recht häufig und verbreitet vor. Sogar in Trento (Trient) wurde sie schon gesichtet und Vorkommen in Südtirol dürfen durchaus vermutet werden.

 

Dank:

Für die wertvollen Hinweise und Informationen bzw. für die Bestimmung der Fangschrecke darf ich mich bei Herrn Mag. Günther WÖSS und bei Herrn Mario OSWALD, MSc, ganz herzlich bedanken.

 

 

 

Nachtrag vom 20.08.2024

 

Sichtung einer Gottesanbeterin in Obervellach,

 

Bezirk Spittal/Drau, Kärnten

 

 

Damit ist wahrscheinlich der erste Nachweis der Europäischen Gottesanbeterin (Mantis religiosa) im Mölltal gelungen. Jedenfalls ist mir bisher noch kein Fund aus dem Mölltal bekannt geworden.

 

Am 16.08.2024 erhielt ich von Martin Lexer und Klaus Ott gleichzeitig die Nachricht von der Sichtung einer Gottesanbeterin in Obervellach. Die beiden waren an diesem Tag gemeinsam ins Mölltal zum Fliegenfischen gefahren. Der PKW war in ihrer Nähe mit geöffnetem Kofferraum abgestellt. Als sie nach einiger Zeit etwas aus dem Kofferraum holen wollten, sahen sie seitlich auf einem Transportbehälter zu ihrer Überraschung eine braun gefärbte Gottesanbeterin. Sogleich fotografierten sie das Tierchen und übermittelten mir die Bilder (siehe Abb. 49 bis 51)

.

 

Abb. 49: Im offenen Kofferraum dieses PKW wurde die Gottesanbeterin gefunden. Foto: © Martin LEXER

 

 

Abb. 50 und 51: Die bräunlich gefärbte Europäische Gottesanbeterin von Obervellach. Linkes Foto: © Martin LEXER; rechtes Foto: © Klaus OTT

 

Aufgrund der geschilderten Fundumstände ist so gut wie sicher davon auszugehen, dass die Gottesanbeterin aus der umliegenden Vegetation kommend in den Kofferraum geflogen ist und nicht als „blinder Passagier“ von Neu-Feffernitz (Gemeinde Paternion) mitgebracht wurde. Der Fundort befindet sich nordwestlich des Obervellacher Campingplatzes auf 670 m Seehöhe.

 

Der Nachweis von Mantis religiosa in Obervellach war in Zusammenhang mit der in den vergangenen Jahren festzustellenden Ausbreitung dieser Tierart durchaus zu erwarten. In meinem Nachtrag vom 27.11.2023 habe ich geschrieben: „Aus dem Oberen Drautal, dem Mölltal und dem Liesertal dürften wohl auch bald die ersten Meldungen folgen?“

 

Dank:

 

Für die Fundmeldung sowie für die Erlaubnis zur Verwendung der Fotos möchte ich mich bei Herrn Martin LEXER, Neu-Feffernitz, 9710 Paternion und bei Herrn Klaus OTT, Neu Feffernitz, 9710 Paternion, ganz herzlich bedanken!

 

 

 

Verfasser: Walter EGGER, Hühnersberg 12/3, 9811 Lendorf; E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.