Veröffentlicht am 14.06.2020

Behaarter Kurzflügler (Emus hirtus)

 

in Mallnitz, Lendorf bei Spittal/Drau und

 

Bad Kleinkirchheim, Kärnten gefunden.

 

In Kärnten gibt es bisher nur recht wenige Nachweise

dieses schönen und seltenen Kurzflüglers.

 

 

 + Nachtrag vom 01.08.2020

 

 

 

 

Der „Behaarte Kurzflügler“ (Emus hirtus) ist einer der größten und auffälligsten Käfer aus der Familie der Kurzflügler (Staphylinidae). Er ist dicht goldgelb-schwarz-grau behaart und erreicht eine Körperlänge von bis zu 3 cm (siehe Abb. 1). Durch diese Größe und Färbung sieht er im Flug beinahe wie eine Hummel aus. „Zottiger Kurzflügler“, „Zottiger Raubkäfer“ und „Gelbhaar-Moderkäfer“ sind weitere Bezeichnungen für diese räuberisch lebende Insektenart.

 

 
Abb. 1: Das auffällige Erscheinungsbild des „Behaarten Kurzflüglers“ vom Hühnersberg. Seine sehr gute Flugfähigkeit würde man ihm auf den ersten Blick gar nicht zutrauen. Foto: W. EGGER

 

Emus hirtus kommt in ganz Europa, in Vorderasien und im westlichen Zentralasien vor. Allerdings ist er europaweit gefährdet und in manchen Ländern sogar vom Aussterben bedroht oder verschollen. Seine Gefährdung wird in erster Linie mit der geänderten Weidewirtschaft (immer weniger naturnahe Weiden und immer mehr Überdüngung mit Gülle und Kunstdünger) in Zusammenhang gebracht.

 

Der Behaarte Kurzflügler ist eine wärmeliebende Art, die früher insbesondere auf Sandböden in den Niederungen vorkam. Durch den derzeit stattfindenden Klimawandel (Erwärmung) gelingt es diesem Käfer offenbar, auch höher gelegene Gebiete dauerhaft zu besiedeln. Dass es in Lagen über 1000 m Seehöhe derzeit noch ausreichend naturnahe Weiden gibt, dürfte sich wahrscheinlich positiv auf den Fortbestand des Behaarten Kurzflüglers auswirken.

 

Sein bevorzugter Lebensraum sind die schon erwähnten naturnahen Weiden, wo er gerne in/auf frischen Kuhfladen erwachsene Käfer und Fliegen sowie deren Larven jagt. Auch auf Mistlagerstätten kann er angetroffen werden. Beobachtungen gelingen mit etwas Glück von ca. Ende April bis in den August hinein. Es lohnt sich also, bei Spaziergängen auch gelegentlich einmal einen Kuhfladen etwas genauer und länger zu betrachten. Über eine Sichtung (mit Foto und Funddaten) würde ich mich jedenfalls sehr freuen.

 


Abb. 2: Bei vergrößerter Ansicht sind auf dem Körper mehrere „Käfermilben“ zu erkennen. Diese nutzen das Tier auf dem Weg zu einem neuen/frischen Kuhfladen als Transportmittel. Foto: W. EGGER

 

Nachweise von Emus hirtus gibt es aus allen österreichischen Bundesländern. In der „Roten Liste der gefährdeten Käfer Österreichs“ wird er mit Stand 1990(?) als „potentiell gefährdet“ eingestuft. Aus der „Roten Liste der Kurzflügelkäfer Kärntens“ aus dem Jahre 1999 geht hervor, dass er in unserem Bundesland zwischen 1910 und 1975 an 9 Fundorten in den Gailtaler Alpen, den Karawanken und dem Klagenfurter Becken vorkam. Die Gurktaler Alpen werden zwar auch erwähnt, aber es ist dort kein Fundpunkt verzeichnet. Als Lebensraum werden Weiden und Magerwiesen genannt. Die Art wird als „extrem selten“ eingestuft! Weiters wird noch angeführt, dass er in Kärnten nur sporadisch auftritt und das letzte Mal in den 1950er Jahren in der Umgebung von Hermagor beobachtet werden konnte.

 

Wegen seines sporadischen Auftretens – vor allem in „Wärmejahren“ – wurde Emus hirtus früher auch als „Wanderkäfer“ (HORION, 1965) angesehen. Es wurde (zurecht?) angenommen, dass er bei uns nicht dauerhaft vorkommt, aber gelegentlich aus klimatisch wärmeren Gebieten einfliegt.

 

Nun zu den jüngsten mir bekannt gewordenen Funden von Emus hirtus in Kärnten:

 

Ein bemerkenswerter Fund gelang im Juli 2014 Hannes und Marinella POHLA im Seebachtal, Gemeinde Mallnitz, Kärnten auf ca. 1280 m Seehöhe. Sie konnten im Rahmen des vom Nationalpark Hohe Tauern organisierten „Tag der Artenvielfalt“ etwa auf halben Weg von der Ankogelbahn-Talstation zur Schwussnerhütte an einem frischen Kuhfladen einen Emus hirtus beobachten und fotografisch nachweisen. Damit gelang ihnen wahrscheinlich der erste Fund dieser Käferart im Kärntner Anteil der Hohen Tauern und gleichzeitig der erste Wiederfund in Kärnten seit über 50 Jahren.

 

Am 04.06.2019 sah Herr Stefan PETUTSCHNIG im Obstgarten eines landwirtschaftlichen Betriebes am Hühnersberg (Gemeinde Lendorf bei Spittal/Drau, Kärnten) in 918 m Seehöhe ein auffälliges Insekt und fing es ein. Zum Fundzeitpunkt um 18:50 Uhr herrschte schönes, warmes Wetter. Er übergab mir den Fund sogleich zur Bestimmung. Mit großer Freude stellte ich fest, dass es sich um einen „Behaarten Kurzflügler“ handelt (siehe Abb. 3 – 4). Ich fertigte einige Belegfotos des 22 mm großen Käfers an und ließ ihn anschließend wieder frei.

 

Abb. 3: So wie andere Kurzflügler auch, spreizt Emus hirtus bei Gefahr/Bedrohung seine Mundwerkzeuge und streckt den Hinterleib in die Höhe. Foto: W. EGGER

 


Abb. 4: Der Fundort (roter Punkt) von Emus hirtus am Hühnersberg. In geringer Entfernung befindet sich eine Rinderweide und eine Mistlagerstätte. Foto: W. EGGER

 

Am 17.07.2019 erhielt ich von Herrn Dietmar BÜRGER die mündliche Mitteilung über die Sichtung mehrerer Exemplare des Kurzflüglers „Emus hirtus“ in Bad Kleinkirchheim. Herr BÜRGER hat die Art selbst bestimmt und übermittelte mir am 25.07.2019 ein sehr gut gelungenes Belegfoto (siehe Abb. 5). Von Mitte Juli 2019 beginnend konnte er diese seltenen Käfer über einen längeren Zeitraum fast täglich auf der Mistlagerstätte eines landwirtschaftlichen Anwesens in der Ortschaft Rottenstein (KG Zirkitzen, Gemeinde Bad Kleinkirchheim, Kärnten) in 1200 m Seehöhe beobachten. Seit 30.05.2020 sind nach Auskunft von Herrn BÜRGER auf besagter Mitlagerstätte (nachdem der Mist des Vorjahres inzwischen vollständig auf die Felder ausgebracht wurde) wiederum mehrere (ev. bis zu 10) Behaarte Kurzflügler zu sehen.

 

 
Abb. 5: Auf der Mistlagerstätte in Rottenstein konnten sowohl 2019 als auch 2020 jeweils mehrere „Behaarte Kurzflügler“ über einen längeren Zeitraum beobachtet werden. Foto: © Dietmar BÜRGER

 

Dank:

 

Ich darf mich bei Herrn Stefan PETUTSCHNIG, Lendorf, für den Fang und die Übergabe des Fundes sehr herzlich bedanken!

 

Für die Fundmitteilung und Überlassung eines Belegfotos möchte ich Herrn Dietmar BÜRGER, Bad Kleinkirchheim, ebenfalls meinen herzlichsten Dank aussprechen!

 

 

Nachtrag vom 01.08.2020

 

Neuerlicher Nachweis von Emus hirtus am Hühnersberg

 

Seit dem Fund im Juni 2019 habe ich auf der benachbarten Rinderweide immer wieder einmal meinen Blick auf einen frischen Kuhfladen gerichtet - bis zum 22.07.2020 allerdings vergeblich. An diesem sonnigen und warmen Tag aber hatte ich Glück. Um die Mittagszeit sah ich auf der Oberfläche eines nur wenige Stunden alten Kuhfladens einen Behaarten Kurzflügler herumlaufen (siehe Abb. 6 u. 7). Er war offensichtlich auf der Jagd nach anderen Insekten. Schließlich gelang es ihm, aus einem kleinen Loch einen Käfer herauszuziehen, ihn zu umklammern und so seine Beute nach einiger Zeit auch zu überwältigen (siehe Abb. 8 u. 9).

 

  
Abb. 6 u. 7: Auf diesem Kuhfladen glückte die Beobachtung. Die Rinderweide befindet sich nur 15 Meter vom vorjährigen Fundort entfernt. Fotos: W. EGGER

 

 

Abb. 8 u. 9: Der Behaarte Kurzflügler suchte die gesamte Oberfläche des Kuhfladens nach geeigneten Opfern ab (li.). Auf dem Rücken liegend umklammert er den erbeuteten Käfer (re.). Fotos: W. EGGER

 

 Verfasser: Walter EGGER, Hühnersberg 12/3, 9811 Lendorf; E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.